Mittwoch, 20. April 2022

Bzw. ۲ ۶ ۰ [»Fünf Haiku nach 与謝 蕪村« (1996) von R. A. ol-Omoum]

 


[» Sengyo (Jugijo) 宜暁 (国宝 十便十宜帖の一枚)«, Yosa Buson (1771)]




俳句


Meine Nachbarn hassen mich:

Sie klappern mit ihren Pfannen

in der Winternacht.



Nacht. Ich beiße den

gefrorenen Pinsel

mit meinem letzten Zahn.



Der Wintersturm

bläst kleine Steine

gegen die Tempelglocke.



Ein Licht

entzündet sich am andern

in der Frühlingsnacht.



Ein Eimer ohne Boden

rollt und rollt

im Herbstwind.


[Yosa Buson (1716 – 1783) in der Übersetzung von Dietrich Krusche]









[»Fünf Haiku« (1996). Partitur für Sopran, Flöte und Klavier von R. A. ol-Omoum (*1965)]



Haiku, die kleinste lyrische Form, die in der Weltliteratur zu Bedeutung gelangte, ist zugleich vollendeter dichterischer Ausdruck japanischen Geistes. Eine stets gegenständliche, naturnahe Kunstgebärde, die in ihrer Leichtigkeit von vieldeutigem Reichtum an Assoziations-Möglichkeiten umgeben ist. Ein hingehauchtes Bild, das den Leser und Betrachter in den Bann seiner fragmentarischen Vollkommenheit, den Zauber des Augenblicklichen zieht – und ihn entlässt, aber nicht mehr loslässt. [Dietrich Krusche]




[»Yosa Buson«, Matsumura Goshun (1939)]




Das Haiku ist weltweit zum poetischen Ideal geworden. Ein plötzliches Aufblitzen, ein Bild, das sich in das Echo der Dinge schmiegt, ein Klang – drei Zeilen und doch eine ganze Welt. Drei japanische Dichter haben das Haiku geprägt – der wandernde Basho mit seinen meditativen Inbildern, Buson mit seinen malerischen Miniaturen und Issa mit seiner Liebe selbst zu den kleinsten Kreaturen. Die Dichter der Beat Generation – Jack Kerouac, Allen Ginsberg und Gary Snyder – steckten mit ihrer Haiku-Begeisterung den gesamten Westen an und übertrugen das poetische Ideal in unsere Gegenwart. [Hans Jürgen Balmes]



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