[»Σώμα
IV«,
Lorena Kirk-Giannoulis (2022)]
Reality
is that which, when you stop believing in it, doesn't go away.
[Philip
K. Dick »I Hope I Shall Arrive Soon« (1985)]
[»Wake
Up In My Blood And Give Birth To Me Again«, Lorena Kirk-Giannoulis
(2022)]
Tante
Roland
saß am Frühstückstisch und vertieft in einen WIKIPEDIA-Artikel:
„Im
Zuge der starken Ertragssteigerungen durch technologische Entwicklung
ab dem Ende des 19. Jahrhunderts und vor allem in der Grünen
Revolution in den 1950er und 1960er Jahren verlor die
Überbevölkerungsdebatte durch die Prognosen Wilhelm Fucks an
Bedeutung. In den 1970er Jahren erfuhr die Thematik durch die von
Donella und Dennis L. Meadows im Auftrag des Club of Rome
durchgeführte Studie Die Grenzen des Wachstums sowie durch
Paul R. Ehrlich großen Zuspruch bei Teilen der Umweltschutzbewegung
und wird heute oft in Bezug auf Klimawandel diskutiert. Da das
Konzept der Überbevölkerung sowohl begrifflich als auch inhaltlich
nahelegt, es gebe zu viele Menschen, wird es von einigen als
menschenverachtend bewertet. Gesetzmäßigkeiten aus der Biologie
würden in unzulässiger Weise auf den gesellschaftlichen Bereich
übertragen. Es wird bezweifelt, dass die Tragfähigkeit der Erde
bereits erschöpft sei; vielmehr seien soziale, wirtschaftliche und
ökologische Probleme durch politische Fehlleistungen und eine
schlechte Verteilung der insgesamt ausreichenden Ressourcen
verschuldet.
1984
erschien Germaine Greers Buch Sex and Destiny: The Politics of
Human Fertility, das ebenfalls eine heftige öffentliche
Kontroverse auslösen sollte. Ausgehend von Erfahrungen auf ihren
Reisen in die Dritte Welt kritisierte sie darin die westlichen
Einstellungen zur Kleinfamilie: Die Welt sei nur nach westlichen
Maßstäben übervölkert. Sie forderte eine Rückkehr zu den Idealen
des Familienlebens und zu Bescheidenheit statt grenzenlosem
Konsumanspruch. Sie zeichnete ein positives Bild von der Frau als
Mutter der Großfamilie und propagierte Keuschheit als ein mögliches
Mittel zur Geburtenkontrolle.
Dem
Konzept wurde vorgeworfen, dass es dazu diene, das Gewissen der
Reichen angesichts der Armut zu beruhigen. In der Gegenwart vertritt
etwa Jean Ziegler, der politisch linksstehende ehemalige
UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, die Ansicht,
der Begriff lenke lediglich von sozialer Ungleichheit und politischen
Fehlern ab, welche die tatsächlichen Ursachen des Welthungers seien.
Armut führt zu einer hohen Geburtenrate, weil sie in der Regel mit
schlechterer Bildung und weniger Zugang zu Verhütungsmitteln
verbunden sei. Umfragen zeigen, dass viele Schwangerschaften
ungeplant sind und die Frauen in den Entwicklungsländern sich
weniger Kinder wünschen, als sie tatsächlich zur Welt bringen. Ein
weiterer Grund könnte sein, dass in armen Weltregionen die einzige
Möglichkeit der Altersvorsorge darin bestehe, viele Kinder zu
bekommen. Auch sinkt tendenziell mit wachsendem Wohlstand der
Einfluss traditioneller Lebensbilder – auch dies trägt zum
Rückgang der Geburtenrate bei.“
In
den letzten Jahren hatte sich Monika Winkler oft gefragt, wie es
möglich ist, dass ein so gut gebauter Mann wie Roland, so
unglücklich sein konnte. Anfangs dachte sie, es läge an ihr, dass
sie nicht attraktiv genug sei. Dass ihre Brüste zu klein seien oder
ihre Lippen zu schmal.
„Bin
ich zu knochig, oder zu aggressiv?“, fragte sie einmal ihre Tante
Margarete.
Nach
dem schrecklichen Ereignis, das Monika die Mutter raubte, den Vater
hinter Gittern brachte, und die Verstümmelung im Unterleib
verursachte, deren Folge es war, dass sie keine Kinder bekommen
könnte, war Tante Margarete wie eine Mutter zu ihr.
„Er
ist so unglücklich und bei uns läuft gar nichts mehr“, sagte
Monika unter Tränen, während Margarete sie zu trösten versuchte.
„Wenn ich gefickt werden will, dann muss er doch seinen Job tun –
oder? Dafür ist er doch da!“
„Will
er nicht mehr mit dir schlafen?“, fragte die Tante.
„Doch,
schluchzte Monika, weißt du, er hat einen Schönen, Großen, aber
das Ding wird nicht mehr hart. Selbst die Fleischwurst in der
Kühltruhe im Supermarkt ist steifer“, beichtete sie.
„Dann
kann ich dir nur Eines raten, meine Liebe“, sagte die herzensgute
und einfühlsame Tante ohne zu zögern: „Nimm die Fleischwurst!“
<…>
16.
Juli 1944
Am Nachmittag abgerückt von
Fresneville. Wir sind Richtung Amiens gefahren, um dort verladen zu
werden. Da keine Wagons für uns da waren, sind wir in einem Wald
dicht am Bahnhof untergezogen.
Monika
Jo
lernte Monika Winkler, eine der Gründerinnen von gGg Niederlassung
Mettmann, kennen.
Als
Monika hört, dass der Solarforscher Jo Dijkstra am HAARP-Projekt
beteiligt ist und sich mit Polarlichtern auskennt, erzählt sie von
Rolands Idee von einem Kunstprojekt, inspiriert durch die
Polarlichtbeobachtungen des Jahres 2003: Auf der Illumina 2006 soll
der Himmel über Neanderthal in künstlichem Polarlicht erscheinen.
Jo
erkennt, dass das Kunst-Projekt „Himmels Körper“ eine gute
Tarnung für die Fake-Studie ist, die er für ein Konsortium von
Konzernen anfertigen soll, die kein Interesse daran haben, dass
Treibhausgase die Klimakatastrophe verursachen könnten; er sagt
seine Beteiligung am Projekt Himmels Körper zu.
Monika
Müller, Biologiestudentin und Sprachrohr der Bewegung, verlegte ihr
Engagement auf die Friedensarbeit. Monika und ihre Freundin Ines
Breuer hatten an mehreren Demonstrationen und Sitzblockaden vor der
Anlage teilgenommen, die 1962 an der Neusser Straße in
Grevenbroich-Kapellen als eine Kaserne für 300 Soldaten der
belgischen Militärstreitkräfte errichtet wurde. Im Auftrag der
Amerikaner wurde danach die Raketenstation in Neuss-Hombroich gebaut,
die 1967 von einem belgischen Raketengeschwader in Dienst genommen
wurde.
Auf
der Raketenstation wurden auch Nike-Hercules-Raketen aufgestellt, die
mit Nuklearsprengkopf bestückt waren. Der Militärkomplex umfasste 3
Abschussbasen und diente der Abschreckung sowie der
Landesverteidigung. An diesem Komplex waren zwischen 1968 und 1985
sowohl die belgische Luftwaffe als auch US-amerikanische Soldaten mit
ihren Atombomben vom Typ Pershing II stationiert. Zu den beiden
Standorten gehörte in unmittelbarer Nähe auch eine riesige
Radaranlage, 100 Meter von mehreren Wohnhäusern entfernt.
Einmal
erschien Monika Müller auch in den TV-Nachrichten und wurde als
militante Aktivistin der Friedensbewegung von der Reporterin
bezeichnet. Der Sportstudent Roland Winkler lag in seinem Kinderbett
im elterlichen Einfamilienhaus in Neuss-Hoisten und während er auf
das nachfolgende Länderspiel Deutschland gegen Niederlande wartete,
streichelte er gefühlvoll seinen aus dem Schlitz seines Slips
herauslugenden Schwanz. Monikas Erregung und Energie strömte aus dem
Fernseher und ihre Stimme rührte jede Menge Testosteron an, sodass
Roland mit neugierigem Blick beobachtete, wie sein Gemächt dicker
und dicker wurde. Und länger – eine Rakete, dachte Roland.
In
der deutschen Bevölkerung und bei vielen Politikern löste die
Stationierung solcher Waffen erhebliche Befürchtungen aus: Der
Atomkrieg sei „präziser und damit führbarer“ geworden und die
Hemmschwelle zum Einsatz dieser Waffen wurde niedriger.
Dass
Roland Winkler am 10. Oktober 1981 Seite an Seite mit der
Friedensbewegung gegen die Stationierung von Pershing-II-Raketen im
Bonner Hofgarten demonstrierte, lag aber vor allem an seinem Wunsch,
Monika Müller zu ficken.
<…>
17.
Juli 1944
Sind
am Abend von Jabos in 1½-stündigem Tiefflug angegriffen wurden.
Dies war meine erste Feuertaufe. Die Brocken sind uns nur so um die
Ohren geflogen. Sind nach dem Angriff per Achse weitergefahren. Nach
El-Beff (Elbeuf) kurz vor der Seine.
Sara
Bax
15.
Juni 2004, San Diego, Kalifornien.
Als
Sara Bax zur Gruppenleiterin bei GSMX ernannt wurde, ahnte sie nicht,
wie ihr Alltag aussehen würde. Es ist vollkommen klar, dass es sich
das Militär nicht leisten könne, seriöse private Forschung zu
ignorieren, sagte ihr Boss, als sie eingeführt wurde. Selbst solche
Organisationen und Individuen, die sich mit der UFO-Thematik vom
psychologischen oder parapsychologischen Standpunkt aus
beschäftigten, müssten beobachtet werden.
Neil
Papworth schrieb die erste SMS: Merry Christmas, ein Jahr, nachdem
das GSM-Netz in Betrieb genommen wurde. Die GSM Association (GSMA) in
London vertritt die Interessen von über 800 Netzbetreibern in mehr
als 200 Ländern. Neil ahnte nicht, dass er damit das größte
Spionagenetz in Betrieb genommen hatte.
Die
GSMX-Gruppe, die von sich behauptet, eine Tochter von GSMA zu sein,
steht zu 100% unter der Kontrolle des Militärs. Nach und nach
unterwanderte das Militär die weltweite mobile Kommunikation – wie
schon vor langer Zeit das Festnetz. Die Basisstationen aller
Netzbetreiber sind – gewollt oder ungewollt – mit dem Internet
verbunden und zugleich Knoten in dem weitgehend unbekannten, aber
größten Netz der Welt: dem GSMX-Netz. Unter dem harmlosen Namen
Utah Rechenzentrum entsteht im gleichnamigen US-Bundesstaat das
größte Abhörzentrum der USA. Wie Wired berichtet, soll die Anlage
den Schlussstein einer während der letzten Dekade errichteten
Überwachungsarchitektur bilden. Als Bauherr und Betreiber firmiert
der US-Geheimdienst NSA, der mit dem Zwei-Milliarden-Projekt
möglichst jede erreichbare Kommunikation auswerten wird.
Jegliche
Kommunikation zu registrieren, auszuwerten und in einem
wöchentlichen, streng geheim gehaltenen Bericht zusammen zu fassen,
wurde zu Sara Bax Routine. Dafür wurde ihr Arbeitsplatz mit
modernster Spionagetechnologie ausgestattet. Verdächtige oder
außergewöhnliche Beobachtungen wurden in Ad-hoc-Berichten an
Spezialisten weitergeleitet. Auf ihrem Tisch standen sechs
Bildschirme mit den Satellitenkarten jeweils eines Kontinents.
Aktivitäten,
die vom Computer als normal eingestuft wurden, erschienen als
grüne Punkte; solche, die das Programm nicht eindeutig einordnen
konnte, als gelbe Punkte, und Ereignisse, die von der künstlichen
Intelligenz automatisch als außergewöhnlich eingestuft
wurden, als rote Punkte.
An
einem gewöhnlichen Arbeitstag waren 90% der Punkte grün und 10%
gelb. An solchen Tagen konnte Sara Bax in Ruhe ihren Kaffee trinken,
die Zeitung lesen und dann, nach dem Zufallsprinzip, sich einem der
gelben Punkte widmen. In der Regel schaffte sie es, bis zum
Feierabend alle gelben Punkte in grüne zu umwandeln. Ihre Hoffnung
auf eine spannende und abwechslungsreiche Aufgabe wurde enttäuscht:
es war ein öder, eintöniger Job.
Als
sie um 7 Uhr Westküstenzeit ihr Büro betrat, hätte sie erwartet,
den Bildschirmschoner zu sehen: dem Schauspieler Peter Sellers als
Inspektor Clouseau nachempfunden, hüpft ein kleiner Mann mit einer
riesigen Lupe in der Hand einem rosaroten Panther hinterher; in einer
Sprechblase schreit es: Cherchez la femme! („Sucht die Frau!“).
Stattdessen
blinkte ein roter Punkt an der Ostküste der USA.
Die
Überschrift: John E. Mack Institute, Center for Psychology and
Social Change. Sara Bax blieb wie versteinert stehen.
Das
Mack-Institut – Sara Bax fiel ein, dass ihr Chef Major James Gerd
das Mack-Institut aus der Beobachtung nehmen wollte: Mack ist tot und
sein Institut ist unauffällig.
Sara
Bax zeigte Eifer: Objekte, die ihre Aktivitäten eingestellt hatten,
könnte man nach einer Karenzzeit generell aus der Beobachtung
nehmen. Dafür müsste man nur eine zusätzliche Kennzahl einführen.
Mal sehen, hatte ihr Boss geantwortet. Mit allem hätte sie
gerechnet, nur nicht mit Mack.
Wenn
etwa Oleg Proposhkin im russischen Fernsehen neue Videobeweise für
die Existenz von UFOs präsentiert hätte, wäre sie keinen
Augenblick überrascht gewesen. Alles Fälschungen.
Wäre
ein neues Buch über unheimliche Begegnungen mit Außerirdischen
erschienen, hätte sie ihren Spaß gehabt – lustige Lektüre für
ein paar Tage. Manchmal fragte sie sich, warum man einen so hohen
Aufwand betreibt – für nichts und wieder nichts.
Jetzt
aber zitterten ihre Knie.
Sie
öffnete die Datei mit dem Profil des Mack Instituts und
rekapitulierte alles, was über das bekannteste Projekt des Instituts
vorlag.
Der
Harvard-Professor der Psychiatrie und Pulitzer Preis-Träger John E.
Mack hatte das Program for Extraordinary Experience Research (PEER)
1993 gestartet. Er wollte erkunden, wie die Erfahrung der Begegnung
mit Außerirdischen die persönliche, gesellschaftliche und globale
Weltanschauung verändert. Wir müssen einen erweiterten Begriff der
Realität in Betracht ziehen, ein Wirklichkeitskonzept, welches nicht
in das westlich-materialistische Paradigma passt.
In
einem Zeitraum von zwölf Jahren untersuchte er mehr als 200
Personen, die davon berichteten, wiederholt von Außerirdischen
entführt worden zu sein. In seinen beiden Büchern zum Thema der
Entführungen durch Außerirdische, bemerkt Dr. Mack, dass unsere
Kultur viel von den beschriebenen Erfahrungen lernen könne.
Es
verwunderte nicht, dass das PEER Projekt auf massiven Widerstand
gestoßen war. Das Center for Inquiry gibt jährlich 11 Million
Dollar zur Bekämpfung des PEER-Ansatzes aus. Die mittlerweile in CSI
umbenannte Organisation CSICOP verfolgt das einzige Ziel, den
orthodoxen Wissenschaftsansatz aufrecht zu erhalten, der alles
Nichtmaterielle in der Natur verneint.
Alan
Dershowitz, ein Harvard-Jura Professor, hatte ein Verfahren gegen
Mack angestrebt, mit dem Ziel, ihn von seinen Posten zu entheben.
Mack
fand aber auch prominente Unterstützer, darunter Laurance
Rockefeller, der als Mitbegründer des Mack Centers in Boston, vier
jahrelang jährlich $250.000 spendete.
Auf
einer Vortragsreise in London, starb Mack am 27. September 2004 durch
einen Unfall: Das Auto eines betrunkenen Fahrers soll Mack erfasst
haben, als er alleine zu Fuß von einem Essen bei Freunden nach Hause
laufen wollte. Die Stimmen, die behaupteten, dass er Opfer eines
hinterhältigen Anschlags wurde, verstummen bis heute nicht.
Merkwürdig war auch, dass seine Angehörigen, statt eine genauere
Untersuchung zu fordern, vehement dazu aufriefen, den Unfallfahrer
nicht zu verdammen.
Nach
Macks Tod wurde das PEER-Projekt eingestellt.
Erschrocken
blickte Sara Bax zur Tür, als könnte jemand sie in einem schwachen
Moment erwischen. Sie ließ ihre schwarze Ledertasche auf den Boden
fallen.
Noch
bevor sie sich hinsetzte, aktivierte sie, mit einem Mausklick auf den
roten Punkt, das Programm. Sie steckte sich ihren Kopfhörer an,
trank einen Schluck Kaffee aus dem mitgebrachten Pappbecher und
verfolgte die Programmsequenz.
Am
Bildschirm erschien ein Fenster: Zwischen 00:00 und 01:00 Uhr nachts
wurden zweihundert Anrufe auf den Anrufbeantworter des Mack-Instituts
geleitet. Alle Anrufe dauerten weniger als zehn Sekunden.
Der
erste Anruf kam von einer Lehrerin aus Portsmouth, New Hampshire.
Ihre Stimme klang abgehetzt, außer Atem, als wäre sie gerade
mehrere Etagen die Treppen hochgelaufen: „Mein Name ist Mildred
Safranski, ich hatte an Dr. Macks PEER Projekt teilgenommen! Sucht
Alan!“, dann legte sie auf.
Irritiert
holte Sara Bax den nächsten Anruf auf den Kopfhörer: „Hier
spricht Eva Hogan, ich hatte an Dr. Macks PEER Projekt teilgenommen!
Sucht Alan!“
Sara
Bax schaltete weiter: „Mein Name ist Dr. Alfred Holubek, ich hatte
an Dr. Macks PEER Projekt teilgenommen! Fragt Alan!“
Und
so ging es weiter.
Gegen
halb neun zog sie das Headset aus – sie hatte sich alle Anrufe
angehört.
Der
Inhalt der Anrufe war nahezu identisch.
Alle
begannen mit: Ich bin XY (hier nannten die Anrufer ihren
vollständigen Namen). Ich habe an Doktor Macks PEER-Projekt
teilgenommen.
Die
einzigen Unterschiede folgten im nächsten Satz.
Sara
Bax notierte hundert, die sagten: Sucht Alan!, und hundert, die
forderten: Fragt Alan! Dann legten sie auf.
Der
Beobachtungsbericht zeigte den Status nicht abgehört, was
verständlich war, denn zu dieser späten Zeit hielt sich niemand in
den Räumen des Mack-Instituts auf.
Sara
Bax trank noch einen Schluck Kaffee und dachte über die nächsten
Schritte nach.
Dann
wählte sie am Computer den Menü-Punkt Aktionen und Nachrichten
vollständig löschen aus. Nun konnte sie sicher sein, dass
niemand eine Spur einer Nachricht finden wird. Selbst eine umfassende
Untersuchung der Kommunikation würde ergeben, dass in der Nacht des
15. Juni 2004 keine Kommunikation des Mack-Instituts mit der
Außenwelt stattgefunden hatte.
Obwohl
das Ereignis für sich genommen schon ungewöhnlich genug war,
öffnete Sara Bax das Hinweis-Fenster im System, um zu prüfen,
welche Gründe die Logik des Programms für das Setzen des Status Rot
dokumentiert hatte.
Erwartungsgemäß
waren die Uhrzeit, die Anzahl der Anrufer und der ungewöhnliche Inhalt
der Anrufe aufgeführt.
Es
verschlug ihr aber die Sprache, als sie die letzte Begründung las:
Der Anrufer Kirk Shattner aus Los Angeles ist seit drei Jahren tot.
Die
Prüfung der Sozialversicherungsdaten, der Meldeauskünfte und des
Polizeiberichts bestätigten den Hinweis: Kirk Shattner, ein
Taxifahrer aus Los Angeles, wurde am Nachmittag des 23. August 2001
um 4 Uhr am Santa Monica Pier vor den Augen von zahllosen Zeugen von
Haien in die Tiefe des Meeres gerissen. Seine Leiche wurde nie
gefunden.
Von
einem Hai...
Toter
ruft an....
Dieser
Vorfall wird nicht so schnell den Status Grün bekommen, das
wusste sie. Der Hinweis auf den roten Punkt wurde in Bruchteilen
einer Sekunde an alle autorisierten Stellen weitergeleitet. Also
konnte sie in aller Ruhe ihren Kaffee austrinken und warten.
Doch
dann leuchtete plötzlich ein Punkt in Köln, Deutschland, rot auf.
Ihr Zwerchfell verkrampfte sich. Zwei rote Punkte an einem Tag! Ihre
Gedanken rasten. Mit zitternder Hand bewegte sie langsam die Maus, um
sich das Profil genauer anzusehen: Deutsches Institut für
Theoretische Physik, Projekt Dunkle Energie, Projektleiter: Dr.
Esther Wesseling.
Der
Alarmton!
Gott,
was hat das Alles zu bedeuten?
Deutsches
Institut für Theoretische Physik, das war eine andere Liga bei den
privat finanzierten Forschungsprojekten, als das Mack-Institut. Die
Punkte, die sie markierten, nannte Sara Bax Stille Punkte.
Still, weil sie Jahre lang grün blieben: keine Veröffentlichungen,
keine Interviews. Gelegentlich war es sogar notwendig, sich aktiv um
sie zu kümmern, um überhaupt etwas über den Stand ihrer Arbeit in
Erfahrung zu bringen. Was für ein Tag! – Sara Bax konnte sich an
keinen Tag erinnern, an dem zwei hochkarätige Adressen auffällig
geworden wären: die Wahrscheinlichkeit liegt bei 1 zu 100.000, hatte
man ihr versichert.
Im
Hinweis-Fenster für das Setzen des Status Rot stand:
Unbekannt. Eine solche Begründung für einen roten Punkt
hatte sie noch nie gesehen. Sie wusste nicht einmal, dass Unbekannt
als Grund zugelassen war. Eines aber war sicher: die KI hatte in
Deutschland keine Anrufe registriert.
<…>