[»Mann
mit dem Radio (Homo sapiens)«, Kurt Weinhold (1929)]
As
early as 1930 Schoenberg wrote: "Radio is an enemy, a ruthless
enemy marching irresistibly forward, and any resistance is hopeless";
it "force-feeds us music . . . regardless of whether we want to
hear it, or whether we can grasp it," with the result that music
becomes just noise, a noise among other noises. Radio was the tiny
stream it all began with. Then came other technical means for
reproducing, proliferating, amplifying sound, and the stream became
an enormous river. If in the past people would listen to music out of
love for music, nowadays it roars everywhere and all the time,
"regardless whether we want to hear it," it roars from
loudspeakers, in cars, in restaurants, in elevators, in the streets,
in waiting rooms, in gyms, in the earpieces of Walkmans, music
rewritten, reorchestrated, abridged, and stretched out, fragments of
rock, of jazz, of opera, a flood of everything jumbled together so
that we don't know who composed it (music become noise is anonymous),
so that we can't tell beginning from end (music become noise has no
form): sewage-water music in which music is dying. [Milan Kundera
»Ignorance« (2000)]
Hound
Dog
You
ain't nothin' but a hound dog
Cryin' all the time
Well, you
ain't never caught no rabbit
You ain't no friend of mine
[Jerry
Leiber & Mike Stoller]
Wie
esoterische Literatur, so bedeuten die Texte des Evangeliums dem
Unglauben nichts, dem Glauben aber alles. Der Unglaube liest diese
symbolischen Texte wie Berichte voller Fehler. Der Ungläubige legt
ein Bild von Picasso auf eine Waage und findet es zu leicht oder zu
schwer. Die Ungläubigen glauben nicht nichts, sondern irgendetwas.
Die
berüchtigte Komik, eigene Hässlichkeiten aufs Korn zu nehmen und
damit den Wind aus den Segeln der Kritiker; solche gleichermaßen als
Angriff auf deren Wohlanständigkeit und ihre Prüderie, die ja das,
worüber sie unglücklich ist, bedeckt und bemäntelt. Zwar ist der
Witz auch eine Bemäntelung, aber doch sarkastisch eine Form der
Gewinnung von Distanz und darum befreiend. Entrüstung, die der Komik
wegen des Mitreißenden ihres Tempos nur wenig entgegenzusetzen hat.
Verhalten
gründet beispielsweise ganz einfach auch in einem Stil. Relevant für
das Hervorbringen einer Aktivität wäre ihre strukturelle
Ähnlichkeit mit anderen, Handeln also im Sinne des Stils. Auf diese
Weise genösse der Akteur gewissermaßen sich selber als Vertreter
oder gar Schöpfer eines Stils. Unter dieser Voraussetzung wären die
Gegenstände ihm wenn nicht gleichgültig, so kämen sie ihm doch
gerade recht, ja sie kommen ihm geradezu entgegen, da er sie als
Spiegel seiner selbst erlebt; so wie der Maler ein Bild malen will
und nicht über die Last der Ausführung der Details klagt, wenn er
sie nur in seinem Sinne darstellen darf. Er schafft geradezu Welt,
indem die Gegenstände untereinander Verwandtschaft zeigen. Darin
bilden sie Existenz ab. So wie in der wahren Welt die Dinge ihre
Gegenständlichkeit besitzen, so besitzen die künstlerischen
Gegenstände Stil. Dabei bilden die Kunstwerke untereinander
Kontexte, mit deren Hintergründen sich das einzelne Kunstwerk ins
Verhältnis setzt. Stildifferenz ist Bestandteil des Stils genauso
wie die Differenz des Kunstwerks zur Realität.
Liegengelassenes
heute in die Hände zu nehmen, die inzwischen alt und ruhig geworden
sind, keiner Tapferkeit mehr bedürfen; solches niederschreibend die
Frage bedenkend, ob es in diesem Alter noch gestattet sei und nun in
Ruhe festzuhalten, was sich weder beruhigen noch festhalten ließ zu
seiner Zeit! Als man sich wand vor Unüberwindlichem, wäre man da
ehrlicher gewesen, und verbarg heutige Ruhe und Festigkeit nicht
gerade das Wesen dessen, was sich offenbaren sollte? Allerdings:
Bekenntnisse aus der Not heraus, waren sie nicht ebenso unerträglich
wie die Not selber? Und wieder andererseits, dass der Offenbarung
überwundener Not die Schalheit droht.
Das
Radio war nicht abzuschließen wie später der Fernsehapparat in
seinem Schleiflackschränkchen mit den beiden Türen und dem
Schlüsselloch darin. Dabei hätte es eines Schlosses eigentlich
weniger bedurft angesichts des Fernsehprogramms, das das Fernsehen
auf wenige Abendstunden begrenzte, während derer ohnehin strenge
Aufsicht der Erwachsenen obwaltete. Es waren die Zeiten, als man früh
ins Bett musste, weil man ein Kind war, das seinen Schlaf brauchte,
wie es hieß, schon wegen der Schule. Dass es geschah, weil die
Erwachsenen am Abend ihre Ruhe haben wollten, ahnte man halbwegs,
erlaubte sich aber nur begrenzten Groll, weil gegen sie nicht
aufzukommen war, was auch noch auf unabsehbare Zeit so bleiben
sollte. Zimmer für sie allein, wo Kinder vor eigenen Bildschirmen
saßen und von Erwachsenen nicht gestört werden wollten, hätte sich
niemand vorstellen können, natürlich auch nicht die Kinder selber.
Tagsüber
war man dafür hin und wieder durchaus allein in der Wohnung, und das
Radio sendete zu jeder Stunde. Wenn man es rechtzeitig ausschaltete,
war es auch wieder kalt, bis die Mutter nach Hause kam. Albin fand,
dass man roch, dass der Staub in dem Apparat inzwischen heiß
geworden war, aber die Mutter schien es nicht zu merken. Sie hatte
ein feines Gespür dafür, Dingen nicht auf den Grund zu gehen, die
man nicht ändern konnte. Es war eins der Geheimnisse ihrer
Autorität, die erst eines Tages an ihre Grenzen stoßen sollte, wie
sich bei den Schwestern bereits erwies.
Wie
die Stimmen in das Radio hineinkamen, aus dem sie heraustönten,
diese Frage stellte man Kindern und kam sich dabei witzig vor. Als ob
Kinder sich vorstellten, hinter dieser goldartig schimmernden
Stoffverkleidung würde jemand sitzen, gar ein ganzes Orchester, wie
sollte das gehen? Aber seltsam und darum umso aufregender war und
blieb es. Allein schon, wie der Apparat sich aufwärmte, bevor man
überhaupt etwas hörte, höchstens etwas Knistern! Das gelbliche
Leuchten der Skala war allerdings gleich zur Stelle, wenn man
einschaltete, wobei man darauf achten musste, die Taste auch richtig
durchgedrückt zu haben, sonst befand man sich gewissermaßen im
Leerlauf. Die Mittelwelle kam am leichtesten in die Gänge, indem
nämlich das grüne Auge sich bald schärfte. Man musste das nicht
magisch finden, wie es genannt wurde. Das anfängliche Graugrün
wurde zum feinsten Strich im leuchtenden Grün. Drehte man jetzt am
Lautstärkeknopf mit seinen feinen Rillen und der goldenen
Mittelkappe, aber vorsichtig, es konnte sehr laut werden, dann
dudelte es aus dem Radio, oder eine sonore Männerstimme sprach
ernst, oder verbreitete gute Laune, je nachdem.
Die
zarte Erinnerung an die, deren wir gedenken, am Leben zu erhalten,
darf Wahrheit genannt werden, sie behutsam weiterzugeben, kaum
wahrnehmbar für die Vielen, Geschichte; manches verblasst
unaufhaltsam, Mutmaßungen um Inges Silberblick etwa, den sie
davongetragen habe, weil ein Kriegsheimkehrer oder gar ein Amerikaner
sie genotzüchtigt habe, ihre feinsinnige und aufgeschlossene
Wesensart, gelegentlich beflügelt durch eine beinahe schon
karnevaleske Fröhlichkeit und Freude am Mundartlichen, Helmut, ihr
einbeiniger Lebensmensch, der Kriegsversehrte, seine amourösen
Avancen, homme de lettres, dozierend und ironisch, die
unerschütterliche Gewissenhaftigkeit, mit der er las, stets nur
Auserlesenes, Unkorrektkeiten aufspürend, Verbesserungen
vornehmend, Helmut und Inge, ein Mainzer Ehepaar, das sie geworden
waren, in Trümmern sich einander nähernd, um die zwanzig Jahre alt
allenfalls einst.
Ebensolche
zwanzig Jahre später hatten sie sich fortgepflanzt als kindliche
Erinnerungen des Betrachters von Onkel und Tante damals. Dieses Kind,
meist versunken in die kleinen Schallplatten aus zum Teil biegsamem
Vinyl, manche zerbrachen wohl auch unter dem unbedarften Griff des
Fünfjährigen, eine Waschmitteltrommel randvoll mit Tonträgern, auf
denen mit wenigen Ausnahmen die Zahl „45“ ins Auge stach,
Umdrehungen pro Minute, wie man ihm erklärte, die nicht nur den
Gesang des Muezzin zum Leben erweckten, sondern auch die Stimme von
Connie Francis, Souvenirs,
oder Elvis Presleys Hound
Dog,
Googoosh und die frühen Beatles. „Warum gebt ihr dem Jungen denn
Schallplatten zum Spielen? Er soll doch lesen“, meinten Onkel und
Tante, was er aber doch tat! „45“, las er, die Zahl, um die sich
alles drehte, bald dann auch die „33“.
In
umgekehrter Reihenfolge hatte es Inge mit diesen Zahlen getroffen,
„33“ aufwachsend im Rausch der Epoche, Faszination und Bann von
Hitlerjugend und BDM, martialisch-romantische Lieder, Heldentum und
Athletismus: Wir
Mädel singen.
Furchtbar gern hätte sie ihre kleine Cousine Ursel zur
Mitgliedschaft verführt, doch deren Vater Alois verabscheute die
Braunen und gestattete dies nicht. Nach „45“ wählten Inge und
Helmut die antiautoritäre
Erziehung
für ihre beiden Mädchen: es war verpönt, jemandem die Hand zu
geben; viel mehr verstanden die Kinder ohnehin nicht.
Aber
der Horst, das ist doch der Sohn von unserem Schupo.
Da
kann er ja nun auch nichts dafür, so wenig wie seine beiden Brüder.
Eltern hat man nun einmal. Meine habe ich mir auch nicht ausgesucht.
Du schon, oder?
Wenn
du das meinst, ja, irgendwie. Klar muss ich hier mitarbeiten, das ist
nun einmal so, wenn ein Geschäft da ist. Als wir klein waren, meine
Schwester und ich, haben wir Bäckerei gespielt und auch so kleine
Sachen schon geholfen. Und jetzt helfen wir auch, weil es bei den
Verkäuferinnen immer mal hakt. Tasse Kaffee ohne alles, wie immer?
Wie
immer.
Kathrin
saß an einem der beiden Tische, die in der Bäckerei aufgestellt
waren. Durchs Fenster hatte man die Gastwirtschaft gegenüber im
Blick, wo sie seit einiger Zeit begonnen hatte zu arbeiten. Der Bus
fuhr nur jede Stunde einmal hierher ins Dorf. Die Bäckerei schloss
um Punkt sechs. Es war schön noch eine Weile an diesem Caféhaustisch
so brav zu sitzen. Drüben roch es gleich nach verschüttetem Bier
und Männerwirtschaft.
So,
der Kaffee, ohne alles. Lass dir ruhig Zeit, bis ich hier rauskomme,
wird es leicht sieben.
Wie
genau nimmt es denn dein Chef?
Nicht
sonderlich, Hauptsache, ich bleibe bis zum Schluss. Da fährt dann
längst kein Bus mehr. Den Rest der Nacht kann ich mich oben in dem
kleinen Kabuff aufs Ohr legen. Meistens schaffe ich dann den ersten
Bus am Morgen, richtig schlafen kann ich nur in meinem eigenen Bett.
Und
deine Eltern machen da nicht Rabatz?
Rabatz,
das war mal. Weißt du, ich bin ausgezogen. Eigentlich haben sie mich
rausgeschmissen. So lange du deine Füße unter unseren Tisch
stellst, und so weiter. Ich finde, das ist ein Rausschmiss.
Im
Jahre 1917, das anbrach, litt Alois wieder unter einer Bronchitis,
diesmal jedoch unter einer so hartnäckigen, dass sie sich trotz
Trinkens und Inhalierens von Salbeitee nicht bändigen ließ. Der
Husten war nun freilich nicht wie sonst durch das Rezitieren der
Reden von tragischen Helden ausgelöst – die Mutter, die gerade an
ganz andere Dinge dachte, erschrak oft, wenn er plötzlich Schreie
der Wut, des Schreckens oder der Todesangst ausstieß -, sondern von
etwas ganz anderem. Zwar hatte er vor noch nicht allzu langer Zeit
einige zerfledderte Reclambändchen, die Hebbels Nibelungentragödie
enthielten, gekauft, und Leo Fabers Vater band sie zu einem schmucken
kleinen Buch zusammen, er hatte vorher Shakespeares
Werke
in imitiertes Pergament gebunden, das Alois mit einer Andacht
berührte, als ob es das echte einer Gutenbergbibel gewesen wäre,
und Alois schrie die Anklagen des von Hagen Tronjes Speer
durchbohrten Siegfried in den Wald seines Zimmers hinein und ließ
Kriemhilds Hass darin widerhallen. Aber die Ursache der Bronchitis
war eine andere. Dr. Wagschal hörte Geräusche in Alois' Lunge, die
nicht von lautem Rezitieren, sondern von einem Lungenspitzenkatarrh
herrührten. Er verordnete ihm Tuberkolin, das Heilmittel, das Robert
Koch, der Forscher und Nobelpreisträger, entwickelt hatte.
Die
Geräusche waren dieselben, die er bei Alois' Mutter hörte, die
laufend hustete und ausspie, ohne dass sie je etwas rezitiert hätte.
Sie kamen bei ihr nicht aus den Lungenspitzen, sondern aus den
Kavernen, die ihre Lunge durchlöcherten. Bei beiden, bei Mutter und
Sohn, war die Kriegsfurie am Werk, die den armen Leuten nicht zu
essen gab, was sie notwendig gebraucht hätten. Alois' Befinden
besserte sich indessen rasch; seine Beschwerden ließen nach und
verschwanden nach einiger Zeit ganz. Bei seiner Mutter verschwanden
sie nicht; sie hustete, spuckte, ängstigte sich noch zwei Jahre lang
und ging dann elend zugrunde.
Das
Zusammensein der Freunde nahm im März 1917 ein plötzliches Ende.
Leo Faber schied mit der Obersekundareife aus der Oberrealschule aus,
er hatte genug
von dem Kram,
und machte sich daran, in der Werkstatt seines Vaters das Buchbinden
zu erlernen. Es war nicht die Sache seines Herzens, nur die seiner
Hände und Augen, aber er brachte es über sich, die Zeit damit
auszufüllen, bis sich etwas Besseres finden würde. Und es fand
sich! Insgeheim stand ihm immer schon nur eines vor Augen, und Alois
wusste, was es war. Die Schwärmerei fürs Theater, die ihn von
Jugend an erfüllt hatte, nahm deutlichere Konturen in Leos Geist an:
er wollte Schauspieler werden. Der lebenskluge Vater verwies ihm
solche
Flausen,
und Leo musste seinen Tod abwarten – sein Vater war herzleidend -,
ehe er seinen Herzenswunsch Wirklichkeit werden sah. Seine Mutter war
todunglücklich, als sie einsehen musste, dass Leo von dieser fixen
Idee nicht
abzubringen war. Sie zog Alois, als sie allein mit ihm im Zimmer war,
ins Vertrauen und bat ihn, ihrem Sohn von dieser üblen
Sache
abzuraten. Alois wusste wohl, dass ein Schauspielerleben seine
Schattenseiten hat, stimmte der Frau zu und versprach ihr, in diesem
Sinne auf Leo einzuwirken. So überzeugt schien er von seiner
Meinung, und vielleicht war er es in diesem Augenblick wirklich, dass
Leos Mutter Hoffnung schöpfte; sie vertraute ihm. Andererseits war
er sich im Klaren darüber, dass der Freund niemals auf seinen Wunsch
verzichten werde; er würde an ihm festhalten, mochten die
Schattenseiten so dunkel sein, wie sie wollten.
Er
erzählte Leo von dem Gespräch, das er mit seiner Mutter geführt
hatte, doch dieser winkte lächelnd ab. Er war sich seiner Sache
sicher, da gab es kein Zurück. Alois hingegen war etwas bedrückt;
er wusste, dass er keinen festen Standpunkt eingenommen, den Freund
nicht gestützt, sondern ihn allein gelassen hatte. Du
hast keinen Charakter!,
sagte er sich. Doch kam das wohl daher, entschuldigte er sich, dass
er mit Leos Mutter mitfühlte, dass er auch ihr gerecht werden
wollte.
Wer
sich sich durchsetzen will, kann nicht gerecht sein. Er muss es auf
sich nehmen, anderen Unrecht zu tun. Leo tat es. Mütterchen konnte
sich des beständigen Drängens schließlich nicht mehr erwehren; sie
ließ den Sohn auf die Schauspielschule Kutscher nach München
ziehen; das Geschäft vermietete sie. Ihre Vorstellungen von
Ehrbarkeit und Solidität, ihre Wünsche nach einem gesicherten und
wohlsituierten Leben des Sohnes musste sie begraben. Alois kam
seltener als früher in die Willigisstraße, schließlich überhaupt
nicht mehr. Er hat die Mutter des Freundes nicht wiedergesehen.
Alois'
Enkel schaute zu seinem einbeinigen Onkel auf, der, was er schon früh
erfuhr, Erinnerungen an Gespräche mit dem Großvater bewahrte, die
er hin und wieder bruchstückartig mit anderen teilte; Gespräche
über Stil und Relevanz, Realitäten und Realismus, insbesondere über
Kafkas Verwandlung
führten Helmut und Alois, Gespräche, die den Enkel hellhörig
werden ließen. Über seine letzten Lebensjahre hinweg habe Alois
bloß noch vom Bett oder Rollstuhl aus mit anderen gesprochen, da
etwas
in ihm
das Gehen verboten hätte.
Die
künstlerische Phantasie ist keine Tochter der Luft, sie ist mit der
Realität verknüpft: Der Mensch ist ein antwortendes, ein
arbeitendes Wesen.
Dass
nämlich der Aufsteiger das Normengefüge von außen sieht und darum
nicht weiß, aus welchen Gründen hier etwas getan wird: Nun kommt er
ständig in Verlegenheit, weil er einen Gegenstand immer vom Ergebnis
her betrachtet, wo doch aufgrund der Umstände ein Problem wohl
Lösungen kennt in unbegrenzter Zahl, wenn auch nicht beliebige. Wie
allerdings soll unterschieden werden zwischen Unbegrenztheit und
Beliebigkeit ohne Kenntnis der Gründe?
Der
Stumpfsinn ist gigantisch.
Warum
es Gott nicht gibt?
Damit
er nicht zu haben sei.
Kompetenz
des Stils ist seine Anwendbarkeit auf die Gegenstände. Kompetenz des
Künstlers ist die der Anwendung eines oder verschiedener Stile auf
einen Gegenstand. Personal ist dabei die Urheberschaft des Künstlers
hinsichtlich eines Stils in gleicher Weise wie bei der Originalität
eines Werkes. Dabei dürfen sich die Stile eines Künstlers bis zum
Widerspruch unterscheiden, auch in ein und demselben Werk. Der
Stilbruch wird nicht in jedem Fall ein Werk beeinträchtigen, wenn
nämlich nicht Missgeschick vorliegt, sondern Absicht, und wenn diese
Absicht auf der Linie der Gesamthervorbringung liegt.
Ein
Stil ist das Mittel, das es erlaubt, einen Gegenstand immer wieder in
demselben Sinne darzustellen. Zufällige Abweichungen wirken dabei
nicht störend, im Gegenteil, sie tragen zur Lebendigkeit und zur
Authentizität der Darstellung bei. Das Entfallen des Zwanges eines
identischen Abbildes verleiht dem Stil den Charakter eines Mediums,
mit Hilfe dessen sich das Subjekt anhand seines Gegenstandes selbst
darstellt. Selbstdarstellung des Schöpfers enthebt das Subjekt des
Leides, das der Tatsache entspringt, dem Dasein unterworfen zu sein.
Der schöpferische Mensch kehrt seine Unterworfenheit unter das
Dasein um, indem er die von ihm ergriffenen Gegenstände zu Objekten
seiner Sicht der Dinge macht. Die Autonomie des Künstlers verwandelt
das Leid am Dasein zur Freude. Stil ist die Logik des Kunstwerks. Den
Zeitstilen sind die Personalstile gefolgt. Im gleichen Maße, wie sie
dem Künstler Erfüllung schenken, versperren sie dem Aspiranten den
Weg, indem sie den Lernenden prinzipiell zum Epigonentum verurteilen.